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Fussmuskeltraining: Starke Füsse, weniger Beschwerden

Jan Stutz, Dr. sc. ETH

Aktualisiert: 24. Feb.

Schwache Füsse, grosse Auswirkungen: So verhinderst du Schmerzen und Fehlbelastungen mit gezieltem Training.



Menschen sind Millionen von Jahren barfuss gegangen und gelaufen. Erst seit kurzer Zeit tragen wir Schuhe – und diese beeinflussen die Funktion und Struktur unserer Füsse. Sie werden schwächer, und die Propriozeption (die Wahrnehmung der Fussstellung und Bewegung) nimmt ab (1).


Viele Expertinnen und Experten argumentieren, dass dies die Verletzungsanfälligkeit erhöht (1,2). Doch die gute Nachricht: Mit gezieltem Fussmuskeltraining können wir dem entgegenwirken.

 


Anatomie und Funktion


Der menschliche Fuss hat 29 Muskeln: 10 extrinsische, die über das Sprunggelenk wirken, und 19 intrinsische Fussmuskeln (3). Besonders wichtig für Struktur und Funktion sind der Musculus tibialis posterior, der das Längsgewölbe stabilisiert, und der Musculus fibularis longus, der das Quergewölbe unterstützt. Das Zusammenspiel beider Gewölbe sorgt für Dämpfung, Stabilität und Kraftübertragung. Eine Schwäche oder ein Kollaps können zu Fehlbelastungen, Schmerzen und Fehlstellungen führen.


Der Musculus tibialis anterior hebt den Fuss für eine kontrollierte Bewegung beim Gehen, während die Wadenmuskeln (Gastrocnemius & Soleus) für das Abdrücken und den Vortrieb sorgen. Zusammen mit der Plantarfaszie, die das Fussgewölbe zusätzlich stützt, sind diese Muskeln essenziell für eine normale Geh- und Standfunktion.




Fussmuskulatur

Abbildung 1. Intrinsische Fussmkulatur

 


Eine schwache Fussmuskulatur wird mit verschiedenen Problemen in Verbindung gebracht, darunter Plantarfasziitis, Plattfuss (Pes planus), Schienbeinschmerzen, chronische Sprunggelenkinstabilität und Gleichgewichtsprobleme. Diese Einschränkungen können letztlich die Aktivität und Funktion der betroffenen Person negativ beeinflussen (4–9). Deshalb wird das Krafttraining der Fussmuskulatur zur Vorbeugung und Behandlung empfohlen. Doch was sagt die Studienlage dazu?

 


Stärkere Füsse, weniger Schmerzen


Eine Übersichtsarbeit mit 13 Studien ergab, dass Gruppen, die gezielt ihre Fussmuskulatur trainierten, Verbesserungen des Fussgewölbes, im Gleichgewicht, in der Kraft, der Körperwahrnehmung sowie bei Schmerzen und alltäglichen Einschränkungen erzielten (10). Besonders interessant für Läuferinnen und Läufer: Eine Studie zeigte, dass die Gruppe mit Fussmuskeltraining eine deutlich geringere Rate an laufbedingten Verletzungen hatte als die Kontrollgruppe (11).


Diese positiven Effekte wurden sowohl bei klinischen Populationen – etwa bei Menschen mit Plattfuss, Plantarfasziitis (Entzündung der Sehnenplatte unter der Fusssohle), chronischer Sprunggelenkinstabilität (wiederkehrendes Umknicken des Fusses) und sogar dem patellofemoralen Schmerzsyndrom (Knieschmerzen rund um die Kniescheibe) – als auch bei gesunden Teilnehmenden nachgewiesen.


Fussmuskeltraining ist somit nicht nur eine therapeutische Massnahme, sondern auch eine effektive Prävention gegen Fuss- und Gelenkprobleme.

 


Praktische Übungen


In Studien hat sich die sogenannte Short foot exercise als besonders effektiv erwiesen (12). Diese einfache, aber effektive Übung wird oft in der Rehabilitation, im Sport und beim Barfuss-Training eingesetzt. In Studien wird die Fussmuskulatur oft über 2–3 Monate trainiert – an 3–5 Tagen pro Woche für jeweils 15–30 Minuten. Das Training kann vor oder nach einem regulären Training durchgeführt werden.

 

Short foot exercise


Stärkt die intrinsische Fussmuskulatur und das Fussgewölbe.

  • Setze dich oder stehe barfuss auf eine ebene Fläche.

  • Ziehe den Vorfuss leicht nach hinten, sodass das Fussgewölbe aktiv verkürzt wird.

  • Die Zehen bleiben entspannt, krallen sich nicht.

  • Halte die Spannung für 5–10 Sekunden, dann entspannen.

  • Wiederholungen: 3–5 Sätze mit je 10 Wiederholungen.



Short foot exercise

Abbildung 2. Short foot exercise

 


Zehengreifen („Toe Curls“) mit Handtuch oder Murmeln


Kräftigt die Fuss- und Zehenmuskulatur.

  • Lege ein Handtuch flach auf den Boden.

  • Versuche, das Handtuch mit den Zehen zu greifen und Richtung Ferse zu ziehen.

  • Alternativ: Hebe kleine Gegenstände (z. B. Murmeln) mit den Zehen auf.

  • Dauer: 3 Sätze à 30 Sekunden pro Fuss.

 

Fersen- und Zehenheben („Heel & Toe Raises“) mit oder ohne Gewicht


Kräftigt Fuss- und Wadenmuskulatur, verbessert die Stabilität.

  • Stelle dich barfuss auf eine ebene Fläche.

  • Fersenheben: Drücke dich langsam auf die Zehenspitzen und senke dich langsam wieder ab.

  • Zehenheben: Hebe die Zehen an, während die Fersen auf dem Boden bleiben.

  • Steigerung: Einbeinige Ausführung oder mit leichtem Zusatzgewicht.

  • Wiederholungen: 3 Sätze à 15–20 Wiederholungen.

 

Widerstandsband-Übung für die Fussmuskulatur („Resisted Foot Exercises“)


Kräftigt die Fussmuskulatur in verschiedenen Richtungen und verbessert die Stabilität.

  • Setze dich auf den Boden oder einen Stuhl und lege ein Widerstandsband um den Fuss.

  • Fixiere das Band mit den Händen oder einem stabilen Gegenstand.

  • Ausführung:

    • Dorsalflexion: Ziehe den Fuss gegen den Widerstand nach oben.

    • Plantarflexion: Drücke den Fuss nach unten.

    • Inversion: Drehe den Fuss nach innen.

    • Eversion: Drehe den Fuss nach aussen.

  • Wiederholungen: 3 Sätze à 10–15 Wiederholungen pro Richtung.

 

Barfussschuhe


Die Verwendung von Barfussschuhen im Alltag kann die Kraft der Fussmuskulatur sowie das Fussgewölbe stärken (13,14). Ob dies langfristig das Verletzungsrisiko reduziert, ist aktuell nicht eindeutig geklärt, da Studien widersprüchliche Ergebnisse zeigen (15,16). Wichtig ist, sich langsam an die neuen Schuhe zu gewöhnen, da das Verletzungsrisiko kurzfristig sogar steigen kann. Die Fussmuskulatur passt sich schnell an neue Belastungen an, während Sehnen und Bänder mehrere Monate benötigen, um sich strukturell anzupassen (17). Diese Anpassung erfolgt durch eine Erhöhung des Querschnitts und der Steifigkeit der Sehnen. Weitere Vorteile von Barfussschuhen sind der hohe Tragekomfort – die Zehen haben mehr Platz – sowie ein natürlicheres, bewussteres und langsameres Laufen.

 


Fazit


Gezieltes Fussmuskeltraining kann Fuss- und Gelenkproblemen vorbeugen und sie behandeln. Studien zeigen positive Effekte auf Kraft, Stabilität und Schmerzreduktion. Barfussschuhe sind eine sinnvolle Ergänzung, erfordern aber eine langsame Gewöhnung.


Referenzen


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