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Die besten Übungen gegen Rückenschmerzen

Aktualisiert: vor 19 Stunden

Ein evidenzbasierter Trainingsvorschlag auf Basis von 217 Studien.




Rückenschmerzen sind ein häufiges Gesundheitsproblem. In der Schweizerischen Gesundheitsbefragung von 2022 (1) gab fast die Hälfte der Befragten an, in den letzten vier Wochen unter Kreuz- bzw. Rückenschmerzen gelitten zu haben (siehe Abbildung).



Häufigkeit Rückenschmerzen Schweiz

Wie in diesem Artikel ausführlich beschrieben, hilft regelmässige Bewegung sowohl bei der Prävention als auch bei der Therapie. Als Einzeltherapie scheint Bewegung genauso effektiv oder sogar etwas effektiver zu sein als andere konservative Behandlungsformen wie eine manuelle Therapie, Rückenschule, Elektrotherapie oder Entzündungshemmer (2–5).


Infobox: Begriffserklärung

In diesem Artikel sind mit Rückenschmerzen Schmerzen, Muskelverspannungen oder Steifheit im unteren Rückenbereich (unterhalb des Rippenbogens und oberhalb der unteren Gesässfurche) gemeint. Häufig verwendete Begriffe hierfür sind Kreuzschmerzen, Lumbalgie oder „low back pain”.


Bei 70–80 % der Betroffenen ist auch nach gründlicher und genauer Untersuchung keine eindeutige Diagnose möglich (6). In diesen Fällen spricht man von nicht-spezifischen Rückenschmerzen. Bei spezifischen Rückenschmerzen treten die Symptome hingegen als Folge einer erkennbaren, spezifischen Pathologie auf (z. B. eine Entzündung eines oder mehrerer Wirbelkörper oder eine Knochenfraktur) (7,8).


Von akuten Schmerzen spricht man, wenn die Symptome seit weniger als sechs Wochen andauern. Halten die Beschwerden länger als 12 Wochen an, spricht man von chronischen Schmerzen (3).


In diesem Artikel ist, wenn nicht weiter definiert, von den nicht-spezifischen, chronischen Rückenschmerzen die Rede. Spezifische Rückenschmerzen werden hier nicht weiter erwähnt, da in diesen Fällen zuerst die zugrunde liegende Erkrankung behandelt werden sollte.



Doch welche Bewegungsform eignet sich am besten? Übersichtarbeiten, die die gesamte wissenschaftliche Datenlage analysiert haben, kommen zu dem Schluss, dass Mind-Body-Übungen (wie Pilates oder Yoga), Übungen zur Kräftigung des Rumpfs, die McKenzie-Methode und Beweglichkeitsübungen am effektivsten sind (9). Diese Methoden wiesen moderate bis klinisch bedeutsame Behandlungseffekte auf. Der Begriff «klinisch bedeutsam» besagt, dass eine Behandlung eine echte und spürbare Wirkung auf das tägliche Leben hat.




Die besten Übungen gegen Rückenschmerzen


Im Folgenden findest du die effektivsten Übungen aus Studien, die sich bei der Linderung von Schmerzen und Funktionseinschränkungen als wirksam erwiesen haben. So kannst du dein eigenes Programm zusammenstellen, um deine Rückenschmerzen gezielt anzugehen. Der Schlüssel zum Erfolg liegt darin, Übungen auszuwählen, die dir Spass machen, und diese regelmässig (ein- bis zweimal pro Woche oder öfter, jeweils 30 bis 60 Minuten) über mehrere Wochen (in Studien meist 6 bis 12 Wochen) hinweg durchzuführen. Wähle Übungen aus, die dir keine stärkeren Schmerzen verursachen. Versuche, die Bewegungen bewusst und kontrolliert auszuführen. Insgesamt wird ein ausgewogenes Programm aus Kräftigung, Stabilisation und Mobilität empfohlen.



Pilates


Pilates ist ein ganzheitliches Training, das auf kontrollierte Bewegung, Körperwahrnehmung und gezielten Muskelaufbau abzielt. Im Zentrum stehen die tiefen Rumpfmuskeln. Diese stabilisieren gemeinsam die Lendenwirbelsäule und können so Schmerzen und Bewegungseinschränkungen verringern. Durch Hinzufügen von Widerstand (z. B. Bänder) können die Übungen an das eigene Niveau angepasst werden.


Pelvic tilt

Leg dich auf den Rücken, die Beine sind aufgestellt. Kippe beim Ausatmen das Becken sanft nach hinten, sodass dein unterer Rücken den Boden berührt. Kehre beim Einatmen langsam in die neutrale Position zurück. Diese Bewegung mobilisiert deine Lendenwirbelsäule und aktiviert die tiefen Rumpfmuskeln. 10–15 langsame, bewusste Wiederholungen.


Bridge

Startposition: Rückenlage mit hüftbreit aufgestellten Füssen. Hebe beim Ausatmen das Becken langsam Wirbel für Wirbel an, bis dein Körper eine Linie von den Knien bis zu den Schultern bildet. Halte kurz die Spannung und rolle dann genauso langsam wieder ab. Die Übung stärkt dein Gesäss, die Beinrückseite und den unteren Rücken. 10–12 Wiederholungen.


Bird Dog

Starte in den Vierfüsslerstand: Hände unter den Schultern, Knie unter der Hüfte. Strecke langsam einen Arm nach vorne und das gegenüberliegende Bein nach hinten, ohne ins Hohlkreuz zu fallen. Halte kurz die Position und wechsle dann die Seite. Diese Übung verbessert deine Rumpfstabilität und dein Gleichgewicht. 5–8 Wiederholungen pro Seite.


Clamshell

Leg dich auf die Seite, die Knie leicht angewinkelt, die Füsse bleiben zusammen. Hebe jetzt das obere Knie, als würdest du eine Muschel öffnen – achte dabei darauf, dass dein Becken stabil bleibt. Du stärkst damit die seitliche Hüftmuskulatur, die wichtig für eine stabile Beckenposition ist. 10–15 Wiederholungen.


Modified swan

Leg dich auf den Bauch, die Ellbogen stützen unter deinen Schultern. Hebe beim Einatmen den Oberkörper leicht an und öffne die Brust, das Becken bleibt dabei auf dem Boden. Senke dich mit dem Ausatmen wieder ab. Die Übung kräftigt die Rückenstrecker und mobilisiert die Wirbelsäule. 8–10 Wiederholungen in ruhigem Tempo.


Figure-Four Stretch

Leg dich auf den Rücken und lege einen Knöchel über das gegenüberliegende Knie. Hebe dann das untere Bein an und ziehe es sanft zur Brust, indem du hinter dem Oberschenkel greifst. Du solltest eine Dehnung im Gesäss und äussere Hüfte spüren – Bereiche, die oft mit Rückenschmerzen zusammenhängen. Halte die Position 30–60 Sekunden pro Seite.



McKenzie-Methode


Die McKenzie-Methode ist ein System zur aktiven Selbstbehandlung von Rückenbeschwerden durch wiederholte Bewegungen und Haltungskorrektur. Wiederhole jede Bewegung etwa 10 Mal, mehrmals täglich (z. B. alle 2–3 Stunden). Achte darauf, dass die Schmerzen nicht zunehmen.


Prone Lumbar Extension / Press-Up

Lege dich auf den Bauch, die Hände nahe an den Schultern auf den Boden. Atme aus und drücke dich mit den Armen nach oben, sodass sich dein Rücken sanft durchstreckt. Dabei bleibt das Becken am Boden. Halte die Position 1–2 Sekunden und senke dich dann langsam wieder ab.


Standing Back Extension

Stehe aufrecht und lege beide Hände an den unteren Rücken oder stütze dich mit den Händen an einer Wand auf Hüfthöhe ab. Beuge deinen Oberkörper langsam und kontrolliert rückwärts, so weit es angenehm ist. Halte die Position 1–2 Sekunden und kehre dann wieder in die Ausgangsposition zurück.


Segmental Flexion

Wenn dein Rücken auf Vorbeugen positiv reagiert, kannst du dich im Sitzen oder Stehen mehrfach langsam nach vorne beugen, zum Beispiel indem du das Knie zur Brust ziehst oder dich mit gestreckten Beinen nach vorne beugst.



Mobilitäts- und Rumpfkraftübungen


Allgemeine Übungen zur Stärkung des Rumpfs und zur Verbesserung der Mobilität bilden die Grundlage fast aller Programme gegen Rückenschmerzen. Es ist gut belegt, dass das Kräftigen der Lendenstrecker- und Bauchmuskulatur Schmerzen reduziert. Dehn- und Kräftigungsübungen können effektiv kombiniert werden.


Rumpf-Stabilisation

Übungen wie der Frontstütz (Plank), Seitstütz (Side Plank), Bird Dog (wie oben beschrieben) und der „Dead Bug“ (Rückenlage, Arme und Beine heben bei flachem Rücken) aktivieren die tiefen Rumpfmuskeln.


Kräftigung des Rückens

Übungen wie Rückenstreckungen in Bauchlage (Brust vom Boden heben), „Superman“-Haltungen (Bauchlage, abwechselnd Arm und diagonales Bein heben) oder Ruderbewegungen mit Theraband stärken die Rückenmuskulatur.


Kräftigung von Hüfte und Beinen

Glute Bridges (Hüftheben in Rückenlage), Kniebeugen (Squats) oder Ausfallschritte (Lunges) kräftigen Gesäss- und Oberschenkelmuskulatur.


Flexibilität und Mobilität

Sanfte, dynamische Dehnübungen wie Cat–Camel (im Vierfüsslerstand den Rücken abwechselnd rund machen und durchhängen lassen) oder das Ziehen eines Knies zur Brust (in Rückenlage) helfen, die Beweglichkeit der Wirbelsäule wiederherzustellen. Statische Dehnungen der Oberschenkelrückseite (Hamstrings), Hüftbeuger und Gesässmuskulatur (z. B. Hüftbeuger-Dehnung im Ausfallschritt, sitzende Hamstring-Dehnung) verbessern die Beweglichkeit im Beckenbereich. Reines Dehnen allein hat begrenzte wissenschaftliche Belege, ist aber fester Bestandteil umfassender Programme.


Propriozeptive Übungen (Wahrnehmung und Balance)

Balance-Übungen wie das Stehen auf einem Bein oder Übungen auf unstabiler Unterlage verbessern die neuromuskuläre Kontrolle.



Weitere Übungen


Mind-Body-Übungen wie Yoga oder Tai Chi, die Mobilität, Kraft und Entspannung verbinden, zeigen ebenfalls positive Effekte und zählen zu den besten Behandlungsformen bei chronischen Rückenschmerzen (10). Aerobes Training, zum Beispiel zügiges Gehen, Schwimmen oder Velofahren, ist sicher und kann zusätzlich zu allgemeinen Programmen für die Gesundheit und Schmerzreduktion empfohlen werden.



Fazit


Die effektivsten Übungen gegen Rückenschmerzen aktivieren die tiefe Bauchmuskulatur, den Rumpf und die Hüfte. Dazu zählen Pilates, McKenzie-Übungen und Übungen zur Kräftigung und Mobilisierung des Rumpfs. In Studien, die einen positiven Effekt zeigten, wurde meist ein- bis zweimal pro Woche trainiert, jeweils 30 bis 60 Minuten pro Sitzung, über einen Zeitraum von sechs bis zwölf Wochen.



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Referenzen

1.           Bundesamt für Statistik. Schweizerische Gesundheitsbefragung 2022. [Internet]. Neuchâtel; 2023 [cited 2025 Feb 11]. Available from: https://www.bfs.admin.ch/asset/de/28625352

2.           Henschke N, Ostelo RW, van Tulder MW, Vlaeyen JW, Morley S, Assendelft WJ, et al. Behavioural treatment for chronic low-back pain. Cochrane Database Syst Rev. 2010 Jul 7;2010(7):CD002014.

3.           Koes BW, van Tulder M, Lin CWC, Macedo LG, McAuley J, Maher C. An updated overview of clinical guidelines for the management of non-specific low back pain in primary care. Eur Spine J. 2010 Dec;19(12):2075–94.

4.           Parreira P, Heymans MW, van Tulder MW, Esmail R, Koes BW, Poquet N, et al. Back Schools for chronic non-specific low back pain. Cochrane Database Syst Rev. 2017 Aug 3;8(8):CD011674.

5.           Rubinstein SM, de Zoete A, van Middelkoop M, Assendelft WJJ, de Boer MR, van Tulder MW. Benefits and harms of spinal manipulative therapy for the treatment of chronic low back pain: systematic review and meta-analysis of randomised controlled trials. BMJ. 2019 Mar 13;364:l689.

6.           Pedersen BK, Saltin B. Exercise as medicine – evidence for prescribing exercise as therapy in 26 different chronic diseases. Scandinavian Journal of Medicine & Science in Sports. 2015;25(S3):1–72.

7.           Hartvigsen J, Hancock MJ, Kongsted A, Louw Q, Ferreira ML, Genevay S, et al. What low back pain is and why we need to pay attention. Lancet. 2018 Jun 9;391(10137):2356–67.

8.           Hayden JA, Ellis J, Ogilvie R, Malmivaara A, van Tulder MW. Exercise therapy for chronic low back pain. Cochrane Database Syst Rev. 2021 Sep 28;9(9):CD009790.

9.           Hayden JA, Ellis J, Ogilvie R, Stewart SA, Bagg MK, Stanojevic S, et al. Some types of exercise are more effective than others in people with chronic low back pain: a network meta-analysis. J Physiother. 2021 Oct;67(4):252–62.

10.        Fernández-Rodríguez R, Álvarez-Bueno C, Cavero-Redondo I, Torres-Costoso A, Pozuelo-Carrascosa DP, Reina-Gutiérrez S, et al. Best Exercise Options for Reducing Pain and Disability in Adults With Chronic Low Back Pain: Pilates, Strength, Core-Based, and Mind-Body. A Network Meta-analysis. J Orthop Sports Phys Ther. 2022 Aug;52(8):505–21.


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