Beeinträchtigt Abendsport den Schlaf? Welche Bewegungsstrategien helfen, den Schlaf zu verbessern?
Bewegung ist eine effektive und kostengünstige Methode, um den Schlaf zu verbessern. Ausdauersport und Krafttraining helfen, schneller einzuschlafen, längere Zeit im Tiefschlaf zu verbringen und weniger oft aufzuwachen [1]. Mehrere Mechanismen scheinen für die positiven Veränderungen verantwortlich zu sein. Dazu zählen ein Anstieg der Körpertemperatur vor dem Schlafengehen, Veränderungen in der Cortisol- und Wachstumshormonsekretion, mehr Entspannung sowie eine verbesserte Stimmung [2].
Trotzdem wird noch oft von Abendsport abgeraten, mit der Begründung, es könnte den Schlaf beeinträchtigen. Doch stimmt das wirklich? Was sagt die wissenschaftliche Literatur dazu? Die Frage ist besonders relevant, da viele Menschen aus zeitlichen Gründen ihr Training auf die Abendstunden verschieben müssen.
Ein Nebenprojekt während meiner Zeit als Doktorand an der ETH Zürich war, alle publizierten Studien zum Thema Abendsport und Schlaf statistisch zusammenzufassen [3]. Insgesamt habe ich 23 Studien mit 275 gesunden Teilnehmende analysiert. Im Durchschnitt endete der Sport 2 Stunden vor dem Schlafengehen, mit einer Spannweite von 10 Minuten bis 4 Stunden. Meistens mussten Teilnehmende im Labor Radfahren oder Laufen, während in zwei Studien Krafttraining verwendet wurde. Die durchschnittliche Trainingsdauer betrug 1,5 Stunden (inklusive Aufwärmen und Cool-down), und die Intensität reichte von leicht bis intensiv. Die Kontrollbedingung bestand meist darin, für die gleiche Dauer wie in der Trainingsbedingung ruhig zu sitzen.
Insgesamt zeigte sich, dass Abendsport keinen negativen Einfluss auf die darauffolgende Nacht hatte. Eher das Gegenteil: Die Teilnehmende haben proportional mehr Zeit im Tiefschlaf verbracht, was für die Erholung und Regeneration von Vorteil ist. Eine differenziertere Analyse zeigt jedoch, dass intensiver Sport kurz vor dem Schlafengehen (Trainingsende 1 Stunde oder weniger) den Schlaf negativ beeinflussen kann (siehe Abbildung 1). Für Definitionen und Beispiele von mittlerer und hoher Intensität siehe Tabelle 2 hier.
Abbildung 1. Schlafqualität in Abhängigkeit von Trainingsende und Intensität. Rot bedeutet, dass der Schlaf beeinträchtigt sein kann. Grün hingegen, dass positive Effekte zu erwarten sind. Im Graubereich kann die Auswirkung, je nach Person, unterschiedlich ausfallen (positiv, neutral oder negativ). Die Auswirkungen können von Person zu Person variieren.
Bei intensivem Sport kurz vor dem Zubettgehen scheint interessanterweise nur die Einschlafzeit betroffen zu sein. Das bedeutet, dass man auf den eigenen Körper hören kann: Solange man sich erholt fühlt, keine Schwierigkeiten beim Einschlafen hat und während der Nacht nicht häufiger aufwacht, gibt es keinen Grund anzunehmen, dass der Schlaf nach Abendsport beeinträchtigt ist. Neuere Studien zum Thema kommen auch zum Schluss, dass Abendsport den Schlaf grundsätzlich neutral oder sogar positiv beeinflusst [4,5].
Weitere Bewegungsstrategien, um den Schlaf zu verbessern
In den genannten Studien wurden meistens die Auswirkungen von Radfahren, Laufen und Krafttraining untersucht. Studien zu anderen Bewegungsformen zeigen auch positive Auswirkungen auf den Schlaf. Dazu zählen Yoga, Pilates und traditionelle chinesische Übungen (Tai-Chi und Qigong) [6,7]. Diese Übungen betonen das Gleichgewicht von Körper und Geist und die Förderung des allgemeinen Wohlbefindens; Faktoren, die für einen erholsamen Schlaf förderlich sind.
Fazit
Abendsport muss nicht zwangsläufig den Schlaf beeinträchtigen – im Gegenteil, die meisten Studien zeigen sogar positive Effekte. Solange die Intensität moderat bleibt und das Training nicht zu spät endet, können körperliche Aktivitäten am Abend die Schlafqualität verbessern. Wichtig ist, auf die Signale des eigenen Körpers zu achten. Wer zusätzlich Entspannungstechniken wie Yoga oder Tai-Chi integriert, kann von weiteren positiven Effekten profitieren.
Referenzen